Nick Linus Kraemer, Marvin Skrzypek
Künstlerisches Schaffen ist ein Vorgang der Emotionen und soziale Einsichten eines Künstlers in einem kreativen Prozess materialisiert. Mittels eines Kunstwerkes wird also zum Beispiel eine
gesellschaftliche Kritik geäußert oder ein Eindruck oder eine Emotion vermittelt. Kunst dient damit als Kommunikationsmedium. (vgl. Mazzone & Elgammal, 2019, S. 7–8; Krause & Seidl,
2022)
Generative künstliche Intelligenz (KI) materialisiert derzeit weder solche Emotionen, noch ist sie im schöpferischen Sinn kreativ. Sie generiert auf der Basis bestehender Kunstwerke und Texte
neue Werke und Texte. (vgl. Mazzone & Elgammal, 2019, S. 2)
Generative KI dient somit dem menschlichen Künstler als Medium und kann seine Kreativität verstärken, analog zum Medium der Fotografie ab circa Achtzehnhundert Vierzig. (vgl. Mazzone &
Elgammal, 2019, S. 6)
Sind die generierten Ergebnisse Kunst? Diese Frage wird aus der Sicht des Rezipienten des Werkes beantwortet. Wenn in einem Werk für die Betrachter beziehungsweise Leser oder Hörer eine Aussage
steckt, so ist dies Kunst, unabhängig von der Art der Entstehung des Werkes. (vgl. Willenbrock, 2021)
In Summe bedeutet dies, dass generative KI dem menschlichen Künstler zwar durchaus bei der Erschaffung von Kunstwerken helfen kann, aber nicht eigenständig mit einer Intention Kunstwerke im
eigentlichen Sinn erschaffen kann. Somit wird sie nicht die originäre Tätigkeit des Künstlers übernehmen und damit auch nicht dessen Lebensunterhalt gefährden. (vgl. Knobloch, 2023)
Wenn man jedoch die Produzenten von Bildmaterial auch als Künstler betrachtet, so kann generative KI auf der Ebene des Mediums durchaus eine Bedrohung für zum Beispiel Bereiche der Fotografie werden. (vgl. Baldinger, 2023)
Die Wertschätzung des Künstlers setzt sich aus mindestens zwei Anteilen zusammen: Der Wertschätzung für die Aussage des Kunstwerkes und der Wertschätzung für die handwerkliche Umsetzung des Kunstwerkes. (vgl. Worrich, 2022)
Was bleibt also? Arbeitsplätze und Wertschätzung sind vermutlich nicht bedroht. Aber ein bewusster sprachlicher Umgang, in dem wir die Verantwortung für das Ergebnis weiterhin dem Nutzer der
künstlichen Intelligenz zuschreiben, kann einen Beitrag zur Wertschätzung leisten. (vgl. Epstein et al., 2020, S. 7)
Zudem treten neue Formen der menschlichen Beteiligung an derartigen Kunstwerken auf, welche ebenfalls eine Wertschätzung erfahren könnten. Es bedarf z.B. der Entwicklung der KI-Werkzeuge und
deren Training. (vgl. Epstein et al., 2020, S. 7)
Der Anteil der Wertschätzung für die Aussage des Kunstwerkes wird aufgrund aktueller Befähigung der generativen KI weiter dem Künstler im Sinne des Entwicklers der Idee, der Aussage oder der
Emotion zugeordnet werden. (vgl. Worrich, 2022)
Eine künstliche Intelligenz ist nicht dazu fähig, Kunst im Kant‘schen Sinne hervorzubringen. Hierzu fehlen ihr die Freiheit und Genialität, welche Kant als Bedingung für schöne Kunst sieht. (vgl. Winter, 2022, S. 50, 60-61)
Sofern der Ersteller eines Kunstwerkes bekannt ist, fällt die Bewertung eines KI-generierten Bildes schlechter aus. Dem menschlichen Künstler wird durch die Rezipienten ein höheres Maß an
Erfahrung und Handlungsfähigkeit zugeschrieben. Somit fällt die Wertschätzung für Werke von menschlichen Künstlern höher aus. (vgl. Messingschlager & Appel, 2023, S. 15–16; Gray et al., 2007,
S. 619; Chamberlain et al., 2018, S. 177)
Allerdings können die ungeheure Menge und Geschwindigkeit der mit KI erzeugten Werke auf dem Kunstmarkt einen Druck erzeugen, da ein Markt mit steigendem Angebot bei konstanter Nachfrage typisch
einem Preisverfall ausgesetzt ist. (vgl. Adler, 2022, S. 706; Mankiw & Taylor, 2018, S. 69–70)
Im Kunstmarkt werden die Werke traditionell in „Original“ und „Fälschung“ klassifiziert mit einigen Graustufen, wie z.B. „Nachdrucken“. Auch in der Zeit vor der künstlichen Intelligenz gab es
bereits (manuelle) Kunstfälschungen mithilfe handwerklichen Geschicks. (vgl. Adler, 2022, S. 706)
Das zunächst vorherrschende Urheberrecht wurde als alleiniger Mechanismus allerdings bereits verworfen. In Zeiten digitaler und unbegrenzt reproduzierbarer Werke ist eine neue Authentizität von
Nöten. Diese beruht auf einer geschaffenen Norm der Authentizität und keiner aus dem Werk heraus entstehenden Authentizität, z.B. der Registrierung eines Werkes in einer Blockchain. Werke sind
also nicht mehr aus sich heraus authentisch, sondern durch eine äußere Konvention. (vgl. Adler, 2022, S. 711–713, 767-768)
Eine Ausstellung wird durch einen Kurator konzipiert und mit den Werken geeigneter Künstler im gewünschten Gesamtkontext der Ausstellung bestückt. Künstliche Intelligenz kann zukünftig Kuratoren unterstützen, indem sie bei der Konzeption und Auswahl hilft. (vgl. Rogers, 2023)
Neben diesen durch KI ausgelösten Veränderungen in der äußeren Gestaltung der Vermittlung von Kunst, beeinflusst auch die KI-generierte Kunst selbst durch ihre Neuartigkeit und die generelle
Faszination für das Thema die Vermittlung von Kunst, indem sie ein neues Publikum anzieht. (vgl. Gururaj, 2023)
Wie in vielen anderen Branchen und Bereichen kann die KI auch in der Kunst Trends identifizieren oder selbst ein Trend bzw. ein Kunstmedium werden. (vgl. Rogers, 2023)
Eins jedoch ist klar: Weiterhin aber wird nur die Kunst des Menschen die Kultur prägen, denn die KI kennt weder Emotion noch Verstand. (vgl. ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, 2023)
Zunehmende Demokratisierung der Kunst durch generative KI
Es wird unterschieden zwischen vier Arten der Demokratisierung (vgl. Seger et al., 2023, S. 715):
In Bezug auf die KI-Nutzung ist zu sagen, dass eine weitreichende Verbreitung von KI-Tools es Kunstschaffenden ermöglicht, die Stile und Motive „historischer“ Künstler für eigene Werke zu
verwenden. (vgl. Seger et al., 2023, S. 716)
Die schnell fortschreitende Entwicklung wird Nutzern mittels intuitiver Schnittstellen und erweiterter Funktionalitäten helfen, ohne umfangreiche Schulungen oder technisches Knowhow KI-Modelle in
ihre kreativen Abläufe zu integrieren. (vgl. Seger et al., 2023, S. 716)
Dabei ist eine Beteiligung vielfältiger Gruppen an Design und Entwicklung für global unterschiedliche Anforderungen essenziell und dient ebenfalls als kritischer Bewertungsmechanismus im KI-Entwicklungsprozess. (vgl. Seger et al., 2023, S. 716–717)
Der dritte Aspekt der KI-Demokratisierung konzentriert sich auf die gerechte Verteilung der Gewinne, die durch den Einsatz fortgeschrittener KI-Fähigkeiten generiert werden. Gleiches gilt für die Frage der Verteilung von Gewinnen aus KI-generierter Kunst, da neben dem Künstler z.B. auch der Entwickler des KI-Modells einen entscheidenden Anteil am Ergebnis hat. (vgl. Seger et al., 2023, S. 718)
Die Demokratisierung der KI-Führung ist auch bezogen auf die Kunst eine zentrale Aufgabe. Es ist sicherzustellen, dass die Modelle die Präferenzen der betroffenen Menschen widerspiegeln und nicht einzelne Akteure mit unbeschränkter Kontrolle über die Technologie durch bewusst manipulative Nutzung der Technologie (z.B. Training der Modelle) erheblichen Schaden verursachen. Die Einführung demokratischer Prozesse zur Kontrolle der Nutzung der Technologie soll vor negativen Konsequenzen schützen. (vgl. Seger et al., 2023, S. 718-719)
Abschließend lässt sich resümieren, dass die KI in der Kunst, wie in allen anderen Bereichen auch, eine große Veränderung bewirken wird. Generell bewerten wir den Einfluss der KI auf die Kunst als bereichernd.
Perspektivisch ist festzustellen, dass die Gesellschaft hierfür Lösungen finden muss und wird, wie auch in der Vergangenheit bei anderen Technologien.
Semesterergebnisse der Seminare »KI & Ethik« und »Neue KI-gestützte Arbeits- und Organisationsformen« der Masterstudiengänge im Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Kiel